Luis Quintero / Pexels

28./29. November 2024 Fach- und Jahrestagung in Mannheim

mit

Verleihung des Josephine-Levy-Rathenau-Preises

Digitalisierung in der Beratung reloaded

Tagungsprogramm

Gerd Altmann / Pixabay

Gemeinsame Veranstaltung von
Deutscher Verband für Bildungs- und Berufsberatung e. V. (dvb)
sowie
Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA)

Vor fünf Jahren veranstaltete der dvb zum ersten Mal eine Fach- und Jahrestagung „Digitalisierung in der Beratung“. Die Rahmenbedingungen der Arbeitswelt – nicht nur im Bereich der Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung – haben sich seither rapide gewandelt und die Instrumente weiterentwickelt. Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie wurde die Fülle von Veränderungen in allen gesellschaftlichen Bereichen beschleunigt, besonders beim Einsatz digitaler Praktiken. Aktuelle Trends wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) bringen neue Herausforderungen für die Menschen in Alltag und Arbeitswelt und bedürfen angemessener Handlungskompetenzen. Darum ist die Zeit für eine Neuauflage einer Fachtagung zur Digitalisierung reif. Wegen der Vielfalt und Dichte der Thematik veranstalten HdBA und dvb als bewährte Partner die Tagung gemeinsam. So werden sowohl Praktiker:innen aus dem gesamten Feld der Beratung für Bildung, Beruf und Beschäftigung als auch wissenschaftlich Tätige angesprochen.

Die Digitalisierung verändert alle Lebensbereiche, auch in Bildung, Beruf und Arbeit. Menschen benötigen Kompetenzen und Orientierung für diesen Transformationsprozess. Auch für Beratende in Bildung, Beruf und Beschäftigung wandeln sich die Bedingungen ihrer Arbeit; Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit den Anforderungen bedürfen der Aktualisierung. Die Reichweite der Veränderung ist fundamental: Betroffen sind die Nutzung von Beratung, der Gegenstand der Beratung, und schließlich die Beratung selbst. Davon abhängig verändert sich auch die Aus- und Weiterbildung der Beratenden.  

Alle diese Aspekte werden auf der Tagung einer – auch kritischen – Reflexion unterzogen. Dabei werden einerseits Studien und theoretische Zugänge zur Thematik herangezogen als auch Erfahrungen aus der Praxis gehört. Teilnehmende bekommen zudem die Möglichkeit, aktuelle digitale Arbeitsweisen und Tools mit fachkundiger Unterstützung auszuprobieren. 

Ziele:

Zielgruppen:

Wir freuen uns auf Sie!

Rainer Thiel
Bundesvorsitzender des Deutschen Verbandes für Bildungs- und Berufsberatung e. V.

dvb-Bildmarke (Deutscher Verband für Bildungs- und Berufsberatung e.V.)

Prof. Dr. Andreas Frey
Rektor der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA)

Donnerstag, 28.11.2024

09:00 Uhr Anmeldung, Meet & Greet

10:00 Uhr Begrüßung
Prof. Dr. Andreas Frey, Rektor der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit
Rainer Thiel, Bundesvorsitzender des Deutschen Verbands für Bildungs- und Berufsberatung e. V.

10:15 Uhr Keynote I
Dr. Britta Matthes
Leiterin der Forschungsgruppe Berufe in der Transformation Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

Arbeitsmarkt im Strukturwandel: Was macht das mit der Arbeit als Bildungs- und Berufsberater*in?

Abstract folgt in Kürze

11:15 Uhr Pause

11:30 Uhr Workshop-Phase A

Download Kurzprogramm/Workshopübersicht

A1: Was kann ich als Berater*in für eine gelungene virtuelle Beratung tun?

Sabine Najib, Jan von Rauch, Agentur für Arbeit Osnabrück

Nicht wenige Beratungsfachkräfte äußern Ressentiments gegenüber dem Instrumentarium der virtuellen Beratung. Die Gründe dafür sind vielfältig und individuell. Teilweise fehlen die technischen Kenntnisse, teilweise werden datenschutzrechtliche Bedenken geäußert. Sehr häufig machen Beratende darauf aufmerksam, dass im virtuellen Kontext wichtige Informationen der Rat Suchenden nicht adäquat wahrgenommen werden können. Mit unserem Workshop wollen wir dazu beitragen, das Instrument der virtuellen Beratung besser nutzen zu können. So soll eine Implementierung ins aktive Beratungsportfolio von Beratenden gelingen.

Im Workshop wollen wir zunächst die Vielfalt der virtuellen Beratungsmethoden praxisnah vermitteln und dann im gemeinsamen Austausch Gelingensbedingungen aber auch eventuelle Hindernisse identifizieren und gemeinsam Ideen und Strategien entwickeln, wie wir beraterisch damit umgehen können. Damit sollen Beratende in die Lage versetzt werden, anfragenspezifisch zu entscheiden, welche Beratungs-methode angemessen und lösungsorientiert zu wählen ist. Hierbei setzen wir einen Focus auf das Thema „Übergang Schule – Beruf/Studium.

A2: Sinn der Arbeit – Arbeit am Sinn? Chancen und Grenzen der Digitalisierung des Arbeitslebens

Dr. Jana Swiderski, Agentur für Arbeit Berlin
Prof. Dr. Philipp Nixdorf, Hochschule der Wirtschaft für Management, Mannheim

Digitalisierung und KI entlasten von Routineaufgaben, arbeiten in manchen Bereichen effizienter und flexibilisieren das Arbeiten insgesamt. Neben dem Gelderwerb werden durch Arbeit bestimmte Bedürfnisse befriedigt, die durch KI und Digitalisierung gefährdet werden – soziale Kontakte, Kompetenzerleben, Sinnfindung, Werte usw. Zwei Impulsvorträge sollen eine Gruppenarbeit anhand von Fallbeispielen anregen. Es soll herausgearbeitet werden, welche Effekte die Digitalisierung für die Sinnfindung und Erfüllung von Arbeit und eine entsprechende Beratung hat – positive wie negative.

Impulsvortrag – P. Nixdorf: Wandel der Arbeitswelt durch Digitalisierung und KI – Blitzlichter

  • Welche Branchen sind vor allem von Digitalisierung und KI betroffen?
  • Welche Tätigkeiten werden substituiert?
  • Wie verändern sich die Qualifikationsanforderungen
  • Wie wirkt sich die Digitalisierung auf Geringqualifizierte aus?

Impulsvortrag – J. Swiderski: Sinn und Erfüllung im Arbeitsleben – ein Fragehorizont

  • Motive für sinnerfülltes Arbeiten
  • Entwicklung von Fragen in Bezug auf Digitalisierung und KI
  • Vorstellung der Fallbeispiele

Gruppenarbeit

  • Fingierte Mini-Fallberatungen
  • Was trägt dazu bei, in der digitalen Arbeitswelt Sinn und Erfüllung zu finden?
  • Wodurch ist dies in Frage gestellt?

Plenum

  • Zusammentragen der Ergebnisse
  • Wie sieht sinnerfülltes Arbeiten unter Digitalisierungsbedingungen aus?
  • Welche Grenzen, Schwierigkeiten und Probleme gibt es?

A3: World-Café „Digitale Trends und Innovationen in der Beruflichen Beratung“

Studierende der HdBA, Prof. Dr. Dennis Mocigemba, Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, Mannheim

Studierende der HdBA aus dem Studiengang „Beratung für Bildung, Beruf und Beschäftigung“ haben sich in einem Modul im vierten Studientrimester ausgiebig mit „Digitalen Trends und Innovationen in der Bildungs- und Berufsberatung“ beschäftigt.

Im Rahmen des World-Cafés präsentieren sie in Kleingruppen an verschiedenen Thementischen ihre daraus resultierenden Ideen und Konzepte zur Integration von Virtual Reality (VR), Künstlicher Intelligenz (KI), Online Self-Assessments (OSA), Blended Counseling etc. in der Bildungs- und Berufsberatung.

Das World-Café bietet den Teilnehmer*innen die Gelegenheit, mit dem Berater*innen-Nachwuchs aus der HdBA über deren Visionen digitalisierter Beratung ins Gespräch zu kommen, sich gegenseitig zu informieren und zu inspirieren. Unkonventionelle Ideen und abwechslungsreiche Interaktionsformen sind garantiert ;-).

A4: Medienkompetenz Blended Counseling – ein Kompetenzmodell für Berater*innen und Organisationen

Prof.in Dr. Martina Hörmann, Minnie Silfverberg, Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Nordwestschweiz

Digitale Formate haben in der Beratung an Bedeutung gewonnen. Zugleich stellt sich kaum noch die Frage eines „entweder/oder“ im Sinne von „bieten wir Onlineberatung oder Face-to-Face-Beratung vor Ort an?“, sondern in zahlreichen Beratungsfeldern hat sich die Idee des Blended Counseling etabliert, d.h. im Fokus steht der systematische und passgenaue Mix von digitalen und analogen Kommunikationssettings im Beratungsprozess (Hörmann et al. 2019, 2023).

Im Workshop wird mit Blick auf notwendige „Zukunftskompetenzen“[1] von Berater*innen dasKompetenzmodell Blended Counseling (Camenzind, Hörmann & Silfverberg 2023) vorgestellt und näher erläutert. Das Modell umfasst insgesamt sieben Kompetenzbereiche, innerhalb der die notwendigen Kompetenzen für eine effolgreiche Umsetzung von Blended Counseling operationalisiert wurden. So finden sich beispielsweise im zentralen Kompetenzbereich „Kommunikative Settings und Konzeption von Blended Counseling“ insgesamt sechs operationalisierte Kompetenzen, darunter „Beratende kennen die Möglichkeiten zur Interaktion mit Klient*innen sowie die Herausforderungen, welche die verschiedenen kommunikativen Settings (Mail, Video, Messenger, Telefon, Chat, Face-to-Face) jeweils bieten“ sowie „Beratende sind in der Lage, aus verschiedenen kommunikativen Settings jene zu wählen, die zur Bedürfnislage der Klient*innen sowie zur Zielsetzung des Prozesses passen“ (Camenzind et al. 2023, S. 68).

Im Rahmen des Workshops haben die Teilnehmenden die Möglichkeit über den zum Modell gehörenden Selbsteinschätzungsbogen einen selbstreflexiven und zugleich praxisorientierten Zugang zum Modell zu gewinnen.

In einer moderierten Diskussion werden anschließend einzelne Aspekte in ihrer Relevanz für die Praxis näher betrachtet und auch die konkreten Transfermöglichkeiten in das Feld der Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung diskutiert. Wie können Berater*innen einerseits und Beratungsorganisationen andererseits dieses Modell konkret nutzen?

[1] Anknüpfend an den Call verstehen wir hier unter Zukunftskompetenzen die systematische Entwicklung von Beratungskompetenzen, die aktuell und auch zukünftig für Beratung im Rahmen der digitalen Transformation notwendig sind und sein werden.

A5: Digitalisierung in der Beratung von Zugewanderten

Tatjana Erfurt, Laura Kehl, Forschungsinstitut für Betriebliche Bildung (f-bb), IQ-Fachstelle Anerkennung und Qualifizierung

Das Förderprogramm IQ — Integration durch Qualifizierung (gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds Plus) verfolgt seit 2005 das Ziel, die

Arbeitsmarktchancen von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland zu verbessern, dabei spielt die Anerkennung von ausländischen Qualifikationen eine zentrale Rolle. In den aktuell 60 Anerkennungs- und Qualifizierungsberatungsstellen haben innovative digitale Informations- und Beratungsformate einschließlich Gruppenangebote eine immer größere Relevanz. Dabei geht die digitale Weiterentwicklung der Beratungsangebote Hand in Hand mit den jüngsten Entwicklungen der digitalen Antragsstellung im Kontext des Onlinezugangsgesetz (OZG) sowie dem Anspruch der (digitalen) Barrierefreiheit. Ausgehend von den bisherigen Erkenntnissen aus dem Förderprogramm IQ sollen Potentiale und Grenzen digitaler und hybrider Formate auch in anderen Beratungskontexten für Menschen mit Migrationshintergrund diskutiert werden. Dabei wird auch auf Social Media als Ort der Verweisberatung und einschlägige Informationsplattformen eingegangen. Beratungskanäle wie Video, Chat oder Messenger werden auf ihre Eigenschaften und Möglichkeiten der Anwendung unter Berücksichtigung von Datenschutzaspekten beleuchtet. Dabei werden auch Optionen der technikassistierten Sprachmittlung für eine zielgruppenorientierte Beratung diskutiert.

Mögliche Diskussionsfragen:

  • Welche Voraussetzungen müssen für eine professionelle digitale Beratung erfüllt werden?
  • Welche Kompetenzen benötigen Beratungskräfte im Kontext der Digitalisierung? Wie können diese erlangt werden?
  • Welche Vor- und Nachteile bieten digitale Beratungskanäle im Vergleich zur Präsenzberatung?
  • Welches Potential bergen Kl-Tools (Large Language Models) und inwiefern sind sie bereits einsetzbar?

A6: Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung: Veränderte Kompetenzanforderungen und Konsequenzen für die Beratung

Thomas Kuscher, Bernhard Kraft, Susann Zawatzki, AG Versorgungsforschung der Universitätsmedizin Halle sowie Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Der Workshop konzentriert sich auf die praktische Anwendung digitaler Technologien im Gesundheitswesen, um den Paradigmenwechsel für Gesundheitsfachberufe und die Konsequenzen für die Berufs- und Bildungsberatung deutlich zu machen. Teilnehmer werden mit den neuesten digitalen und assistiven Technologien vertraut gemacht, erhalten Einblicke in erfolgreiche Anwendungsbeispiele und diskutieren Herausforderungen sowie Lösungsansätze für die Integration dieser Technologien. Das Ziel ist es, die Kluft zwischen den technologischen Möglichkeiten und deren tatsächlicher Nutzung zu thematisieren. Zunächst erhalten die Teilnehmenden theoretischen Input über den aktuellen Kenntnisstand zu digitalen Technologien und Kompetenzen im Gesundheitsbereich. Dabei werden explizit die veränderten Rollenverständnisse, die Interprofessionalität und die zukünftigen, antizipierten Kompetenzen betrachtet. Zusätzlich wird ein Schwerpunkt darauf ausgelegt, wie sich die Digitalisierung auf die Berufe im Gesundheitsbereich auswirkt und welche neuen Anforderungen und Möglichkeiten sich für diese ergeben.

Im Workshop werden im „World-Café“-Format drei zentrale Themenfelder bearbeitet. Die Themenfelder konzentrieren sich auf die praktische Anwendung digitaler und assistiver Technologien, für die jeweils Beispieltechnologien bereitgestellt werden. Ein weiterer Schwerpunkt wird darauf ausgelegt, den Beratenden praxisnah aufzuzeigen, wie sie dieses Wissen in ihre Beratungspraxis integrieren können, um Berufstätige und Auszubildende im Gesundheitsbereich zu unterstützen. Der Workshop ist so konzipiert, dass Vorkenntnisse im Gesundheitswesen nicht erforderlich sind. Durch beispielhafte Anwendungen und technische Demonstrationen soll eine tiefgehende Diskussion über digitale Kompetenzen und deren praktische Nutzbarkeit angeregt werden. Weiterhin wird die Bedeutung der Interprofessionalität hervorgehoben, da die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Gesundheitsberufen zunehmend an Bedeutung gewinnt.

A7: Rollenspiele leicht gemacht – Einsatz von Large Language Models in der Qualifizierungder Beratenden 

Dr. Sascha Zirra, Christa Prechtl, Zentrale der Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg

Für den Aufbau und die Weiterentwicklung von beraterischen Kompetenzen ist das fortlaufende Üben von Beratungsgesprächen verbunden mit Reflexion und Feedback der Königsweg. Gleichzeitig ist das Durchführen von Rollenspielen in eher formalen Settings keine beliebte Methode, weder bei den Lernenden noch bei den Trainierenden. Darüber hinaus verlagert sich das Lernen immer mehr an den Arbeitsplatz, um bedarfsabhängig, zeitnah und niedrigschwellig lernen zu können.

Vor diesem Hintergrund wurden erste Versuche gestartet, ob mit Large Language Models, konkret ChatGPT-4o, eine realistische und hilfreiche Simulation von Rollenspielen mit ChatGPT in der Kundenrolle möglich ist. Nach dem Gespräch soll die Künstliche Intelligenz Feedback geben. Beratende könnten damit in einer sicheren Umgebung, personalisiert und arbeitsintegriert lernen.

Im Workshop werden die Vorgehensweise und die Ergebnisse anhand von Fallbeispielen vorgestellt. Es wird diskutiert, was die Vor- und Nachteile des Tool-Einsatzes wären und unter welchen Bedingungen ein Einsatz in der Praxis sinnvoll und hilfreich wäre.

A8: Entwicklung eines Instruments zum Einsatz von KI in der beruflichen Beratung – Einblick in die Entwicklungswerkstatt

Prof. Dr. Peter Weber, Prof. Dr. Bernd-Joachim Ertelt, Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, Mannheim

Das vorgestellte Projekt konzentriert sich auf die Integration KI-gestützter Spracherkennung in die berufliche Beratung, um gemeinsam mit Ratsuchenden bessere Lösungen zu entwickeln. Aufbauend auf einer Vorstudie (Weber 2021; Simply Rational 2022a, 2022b) soll die Usability verbessert, die Entscheidungsgrundlagen erweitert und mehr Informationen bereitgestellt werden. Ziel ist ein System, das Spracherkennung zur Identifikation berufsrelevanter Kriterien und Vorgehensweisen von Beratenden nutzt und diese mit Berufsinformationen (z.B. ESCO, Berufe.net) verknüpft. Berufsberater:innen sollen im Beratungsprozess oder ihrer Ausbildung durch einen „Filter-Algorithmus“ unterstützt werden. Dieses System entwickelt während der Gespräche Fragen und bietet berufskundliche Informationen an, die der/die Berater:in verwenden kann.

Das Projekt soll in der Berufsberatung der BA und in der Beratungsaus- und -fortbildung der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit getestet werden, um Validität und Anwendbarkeit zu überprüfen (vgl. Metzler, 2020; Tittel, 2018; Weber, 2021). Hintergrund ist die fortschreitende Digitalisierung und die Notwendigkeit, KI in die Beratung zu integrieren, mit der technologischen Entwicklung Schritt zu halten (vgl. Garg et al., 2005; ILO, 2021). Theoretische Grundlage des Projektes sind Erkenntnisse, dass Beratungsentscheidungen nicht rein rational sind und Heuristiken eine Rolle spielen (vgl. Buckmann & Şimşek, 2017; Gigerenzer & Gaissmaier, 2011). Oft nennen Berufswähler nur wenige Kriterien, die durch KI erweitert werden können, basierend auf der Informationsstrukturellen Methodik (ISM; Ertelt et al., 2022; Peterson et al., 1996).

Im Workshop bearbeiten wir folgende Fragen:

  • Wie kann KI die Beratungsfachkraft bei der Harmonisierung eigener Heuristiken mit denen der Ratsuchenden unterstützen?
  • Wie muss die KI-Software gestaltet sein, damit sie berufsbezogene Kriterien und Alternativen erkennt und mit einer Datenbank verknüpft?

Beim Roundtable wird ein Zwischenstand des Projekts vorgestellt, einschließlich des Fortschritts der ersten Phase und des Konzepts zur Weiterentwicklung des Prototyps. Die Diskussion soll sich auf die veränderte Rolle der Berufsberater:innen und die Vorteile im Vergleich zur Nutzung KI-gestützter Chatbots durch die Ratsuchenden konzentrieren.

Quellen:

Ertelt, B. J., Schulz, W. E., & Frey, A. (2022). The Integrative Model of Ertelt and Schulz: Information Structural Methodology (ISM). In Counsellor Competencies: Developing Counselling Skills for Education, Career and Occupation (pp. 155-217). Cham: Springer International Publishing.

Garg, A.X., Adhikari, N.K., McDonald, H., Rosas-Arellano, M.P., Devereaux, P.J., Beyene, J. et al. (2005).“Effects of computerized clinical decision support systems on practitioner performance and patient outcomes: a systematic review,“ Journal of the American Medical Association, 293: 1223–38.

International Labour Organization (2021). Digitalising career guidance services. Policy guidance note. ISBN 978-92-2-035655-5 . Geneva. ILO.

Metzler, B. (2020). Untersuchung zu Entscheidungsheuristiken bei Berater*innen und Rat- suchenden – eine empirische Fallstudie. Masterarbeit. Mannheim: Hochschule der Bundesagentur für Arbeit.

Peterson, G.; Sampson, J.; Reardon, R. & Lenz, J. (1996). A cognitive information processing approach. In D. Brown & L. Brooks (Hrsg.), Career choice and development (3. Aufl., S. 423–475). San Francisco: Jossey-Bass.

Simply Rational (2022a). Phase 1 Zwischenbericht: Erweiterte Möglichkeiten für Berufsberater*innen durch die Entwicklung und Erprobung eines KI-basierten Instruments. Stand 16.5.2022. Interner Bericht.

Simply Rational (2022b). Endbericht: Erweiterte Möglichkeiten für Berufsberater*innen durch die Entwicklung und Erprobung eines KI-basierten Instruments. Stand 1.12.2022. Interner Bericht.

Tittel, C. (2018). Entwicklung eines Erhebungsinstruments zum beruflichen Entscheidungsverhalten [Master-Arbeit, Universität Heidelberg].

Weber, P (2021). Beratung konsequent entwickeln. Ki-Anwendungen und Augmented Intelligence als neue Wege in der Berufsberatung. In Scharpf, M., & Frey, A. (2021). Vom Individuum her denken: Berufs-und Bildungsberatung in Wissenschaft und Praxis (pp. 461-473) Bielefeld: wbv Media.

13:10 Mittagessen

14:30 Workshop-Phase B

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B1: Schnell mal alle Probleme klären! Bildungsberatung per Chat: Herausforderungen und Chancen

Dr. Elke Scheffelt, Alessandro Greco, Wegweiser Bildung, VHS Freiburg

Im Zuge der weiter fortschreitenden Digitalisierung der Beratung startete das Landesnetzwerk Weiterbildungsberatung in Baden-Württemberg (LN WBB) Mitte 2023 ein Pilotprojekt zur Chatberatung über das Tool Userlike. Mit diesem Tool kann die Chatberatung sowohl über die jeweils eigene Website der Beratungsstelle als auch über Social Media (Whatsapp, Facebook und Instagram Messenger – zukünftig geplant) durchgeführt werden. Der Wegweiser Bildung in Freiburg als kommunale zentrale Bildungsberatungsstelle beteiligt sich mit drei anderen baden-württembergischen Beratungsinstitutionen seither an diesem Pilotprojekt.

Im Workshop berichten wir u. a. über unsere bisherigen Erfahrungen zu förderlichen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für den Start in die Chatberatung. Schwerpunktmäßig werden wir uns aber mit der Beratungspraxis in der Chatberatung auseinandersetzen, etwa mit Fragen, wie die Menschen mit uns in Kontakt treten, welche Bedeutung auch begleitende Kampagnen haben, mit welchen Anliegen die Ratsuchenden in der Chatberatung zu uns kommen und wie die Beratungen konkret ablaufen. Die Teilnehmer*innen des Workshops sollen in Dreiergruppen eine mögliche Chatberatung anhand eines Praxisbeispiels durchspielen, um dann gemeinsam im Plenum Herausforderungen für uns als Beratende, Chancen und Grenzen der Chatberatung (z. B. den Einsatz von Kl-Tools in der Chatberatung) zu diskutieren und reflektieren. Ziel des Workshops ist es, den Teilnehmer*innen Impulse für die eigene Beratungspraxis mit Blick auf die Chatberatung zu geben.

B2: Generative Sprachmodelle, digitale Tools & Co. – welche Medien(-pädagogischen) Kompetenzen benötigen Beratende zukünftig?

Prof. Dr. Matthias Kohl, Dr. Judith Moll, Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, Schwerin

Digitale Medien sind laut JIM-Studie 2023 zentraler Bestandteil der Lebenswelt junger Menschen (mpfs 2023). Fast alle besitzen digitale Endgeräte und nutzen sie nicht nur in der Freizeit, sondern zunehmend auch im beruflichen Kontext. Beratungsinstrumente wie „Check U“ und „mein NOW“ der Bundesagentur für Arbeit werden dabei häufig eingesetzt. Aktuelle Entwicklungen zeigen, dass Informationen zur beruflichen Orientierung immer häufiger über Social-Media-Plattformen wie TikTok, Instagram und YouTube bezogen werden (vgl. Goertz, Hense & Mocigemba 2024). Auch generative Sprachmodelle wie Chat GPT werden zur Erstellung von Bewerbungsunterlagen verwendet. Diese Entwicklungen verändern das prozessurale Beratungsgeschehen und beeinflussen damit die Kompetenzanforderungen an Beratungsfachkräfte nachhaltig.
Gemäß dem europäischen Rahmen für die digitale Kompetenz Lehrender „DigCompEdu“ müssen Beratende nicht nur selbst über Medienkompetenz verfügen, sondern auch in der Lage sein, die digitalen Kompetenzen ihrer Klienten zu fördern (vgl. Redecker 2017; KMK 2017).

Im Workshop werden nach einem Impulsvortrag über die veränderten Anforderungen junger Menschen an Beratungsangebote sowie Tools und Instrumente für Berater*innen v.a. die Kompetenzen letzterer thematisiert. Gemeinsam mit den Teilnehmenden wird diskutiert, welche Medien- und medienpädagogischen Kompetenzen Beratende zukünftig benötigen und wie diese in der Aus- und Weiterbildung vermittelt werden können

Quellen:

Goertz, L./ Hense, J./ Mocigemba, D. (2024): Welche gestalterischen Anforderungen stellen Jugendliche an berufsorientierende Medien? In: dvb forum 1/2024, S. 53-58.

Kultusministerkonferenz (KMK) (2017): Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08.12.2016 in der Fassung vom 07.12.2017. Berlin: Sekretariat der Kultusministerkonferenz. Online verfügbar unter: https://mvw.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2018/Digitalstrategie_2017_mit_Weiterbildung.pdf (Stand: 20.06.2024)

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) (Hrsg.) (2023): JIM-Studie. Jugend, Information, Medien. Online verfügbar unter: https://mvw.mpfs.de/studien/jim-studie/2023/ (Stand: 29.04.2024).

Redecker, C. (2017): European Framework for the Digital Competence of Educators: DigCompEdu, Luxembourg: Publications Office of the European Union. DOI: https://dx.doi.org/10.2760/159770 .

Redecker, C. (2018): DigCompEdu: Der europäische Referenzrahmen für die digitale Kompetenz Lehrender. Online Verfügbar unter: https://joint-research-centre.ec.europa.eu/document/downIoad/283e4019-87d9-48a1-8c61-4c454f10e8ee (Stand 20.06.2024).

B3: World-Café „Digitale Trends und Innovationen in der Beruflichen Beratung“

Studierende der HdBA, Prof. Dr. Dennis Mocigemba, Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, Mannheim

Studierende der HdBA aus dem Studiengang „Beratung für Bildung, Beruf und Beschäftigung“ haben sich in einem Modul im vierten Studientrimester ausgiebig mit „Digitalen Trends und Innovationen in der Bildungs- und Berufsberatung“ beschäftigt.

Im Rahmen des World-Cafés präsentieren sie in Kleingruppen an verschiedenen Thementischen ihre daraus resultierenden Ideen und Konzepte zur Integration von Virtual Reality (VR), Künstlicher Intelligenz (KI), Online Self-Assessments (OSA), Blended Counseling etc. in der Bildungs- und Berufsberatung.

Das World-Café bietet den Teilnehmer*innen die Gelegenheit, mit dem Berater*innen-Nachwuchs aus der HdBA über deren Visionen digitalisierter Beratung ins Gespräch zu kommen, sich gegenseitig zu informieren und zu inspirieren. Unkonventionelle Ideen und abwechslungsreiche Interaktionsformen sind garantiert ;-).

B4: Beyond AI: Was können wir, was die KI nicht kann? Die Rolle sozio-emotionaler Kompetenzen in der Beratung neu betrachtet

Prof.in Dr. Gundula Gwen Hiller, Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, Mannheim

In der Ära der künstlichen Intelligenz (KI) stehen auch Berater*innen vor der Herausforderung, ihre Rolle neu zu definieren. Während KI und automatisierte Prozesse viele Aufgaben übernehmen können, bleiben bestimmte menschliche Kompetenzen unersetzbar. Zu den meist genannten Future Skills (bzw. Zukunftskompetenzen) gehören Empathie, Kreativität und Beziehungsgestaltung. Dieser Kurzworkshop bietet eine wissenschaftlich fundierte und praxisorientierte Auseinandersetzung mit diesen nicht durch KI ersetzten Kompetenzen in der Beratung.

Im Workshop werden die spezifischen Kompetenzen identifiziert, die Menschen in der Beratung einzigartig machen. Hierzu gehören empathisches Zuhören, emotionale Intelligenz, zwischenmenschliche Sensibilität, kreative Problemlösung und die Fähigkeit zur Beziehungsgestaltung.

Der praxisorientierte Teil des Workshops konzentriert sich darauf, wie diese Kompetenzen in der täglichen Beratungsarbeit gestärkt und angewendet werden können. Durch interaktive Übungen werden die Teilnehmer*innen dazu ermutigt, ihre Fähigkeiten zu reflektieren und weiterzuentwickeln.

Schlussendlich wird diskutiert, wie Berater*innen die Integration von KI in ihre Arbeit nutzen können, ohne ihre menschlichen Stärken zu verlieren. Dies umfasst die Nutzung von KI zur Unterstützung bei der Informationsbeschaffung und Analyse, während die menschliche Komponente weiterhin im Mittelpunkt der Beratung bleibt.

Der Workshop richtet sich an Berater*innen aus verschiedenen Fachbereichen, die ihr Verständnis für die Bedeutung sozio-emotionaler Kompetenzen in der Beratung vertiefen möchten.

B5: SIEH – über J. L. Holland, Check-U und EXPLORIX® hinaus: Ein alternativer Vorschlag zur Erfassung Beruflicher Interessen für die Beratung

Anne-Marie Schlenzka, Max Freiberg Erziehungswissenschaftliche Fakultät, Universität Leipzig
Dr. Tillmann Grüneberg, Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, Schwerin

Das RIASEC-Modell aus der Berufswahltheorie von J. L. Holland[1] ist der State of the Art der Interessentests in der Praxis. Vor allem dessen Einfachheit sehen viele Forschende als Ursache für seine Beliebtheit.[2] Berufswahltests wie der EXPLORIX@ oder Check-U nutzen das RIASEC-Modell (teils bereits in modifizierter Form), um Ratsuchenden passend zu ihren Interessen Berufe vorzuschlagen. Doch wo liegen die Grenzen des Modells? Reichen diese Typen aus, die komplexe Berufswelt auch für vielseitig interessierte Ratsuchende zufriedenstellen aufzuschlüsseln? Ausgehend von dieser Zielgruppe entwickelten wir einen alternativen, ergänzenden Erfassungsvorschlag für Interessen: Das Matching-Modell SIEH[3] („Strukturierte Interessenerfassungshilfe“) kann Interessen differenzierter und durch Ähnlichkeitsanalysen mit berufsspezifischen Daten aus BERUFENET[4] datenbasiert erfassen und abgleichen. Anstatt zu fragen, welcher ,Typ‘ ich bin, fragt SIEH, was ich mit einem ,Gegenstand‘ ,tun‘ möchte.[5] Um passende Berufe auf BERUFENET zu finden, bedarf es Kategorien für typische Gegenstände (z.B. Maschinen) und Aktivitäten (z.B. Herstellen) aus der Berufswelt. Exemplarisch wurden dazu bereits 17 Berufsbeschreibungen analysiert[6] und Kategorien entwickelt. Die Kategorien sind eher abstrakt und damit deutlich „unhandlicher“ als die RIASEC-Typen. Im Workshop möchten wir Praktiker:innen zunächst anregen, die Matching-Mechanismen hinter den gängigen Interessentest nachzuvollziehen. Dazu erläutern wir die Hintergründe und aktuellen Weiterentwicklungen des RIASEC-Modells. Dies soll helfen, Ergebnisse aus Tests (wie Check-U oder einem allgemeinen Online-Self-Assessment) in der Beratungspraxis erklären und kritisch einordnen zu können. Anschließend möchten wir gern diskutieren, wie die Teilnehmenden a) die Kategorien von SIEH hinsichtlich ihrer Plausibilität einschätzen und wie sie b) das Tool SIEH in ihre Beratung einbinden würden. Wir möchten so bereits in einer frühen Phase der Entwicklung eine möglichst gute Einbettung eines digitalen Tools in die Beratung mitdenken. Abschließen möchten wir mit einer vergleichenden Diskussion beider Ansätze, Berufliche Interessen zu erfassen.

[1] Holland, J. L. (1992). Making vocational choices: A theory of vocational personalities and work environments (2. ed.). Psychological Assessment Resources.

[2] Andreas Hirschi/Franziska Baumeler: Berufswahltheorien – Entwicklung und Stand der Diskussion, in Brüggemann/Rahn (Hrsg.): Berufsorientierung: Ein Lehr- und Arbeitsbuch (2., überarbeitete und emeiterte Auflage), 2020, S. 31-42, hier S. 32.

[3] Entwickelt 2023 von Anne Schlenzka, Tillmann Grüneberg und Max Freiberg.

[4] Von der Bundesagentur für Arbeit, o. J.

[5] Andreas Krapp: Interesse, individuelles, in Wirtz (Hrsg.): Dorsch. Lexikon der Psychologie. hofgrefe. https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/interesse-individuelles, 2021.

[6] Qualitative Inhaltsanalyse nach: Udo Kuckartz: Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computerunterstützung (4., überarbeitete Aufl.), 2018.

B6: Lebensentfaltende Bildung – Relevanz in Zeiten zunehmender Digitalisierung von Beratung und Leben

Prof. Dr. Sebastian Lerch, Henrik Weitzel, Institut für Erziehungswissenschaft, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Im Kontext von Bildung, Beruf und Beschäftigung bildet Beratung ein zentrales und grundlegendes Fundament. Gleichzeitig zeichnet sich Beratung für individuelle, gemeinschaftliche und politische Zusammenhänge als eine zunehmend wirkmächtige Komponente aus. Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Umbrüche und ansteigender Komplexität von individuellen Bildungs- und Berufsbiografien muss eine lebensumspannende und offene Beratung in den Fokus genommen werden. Insbesondere durch neue Formen der Mobilität und Flexibilität entstehen Übergänge und Umbrüchen (z.B. Pluralisierung, Individualisierung, Mobilisierung und Digitalisierung), welche durch eine professionelle, am Individuum orientierte Beratung begleitet werden müssen (vgl. Lerch & Weitzel, 2024). Beratung ist folglich eine Antwort auf gesellschaftliche Veränderungen und deren Konsequenzen für Individuen, wird aber von der Politik nicht als solches verstanden und schon gar nicht gefördert (vgl. Thiel, 2023). Daher gilt es zu diskutieren und herauszuarbeiten, wie die Relevanz einer offenen Beratung zur Orientierungssuche und Gestaltung von Übergängen mit Themen des beruflichen Aufstiegs und Karrierechancen verbunden werden können. Hier muss insbesondere Peter Faulstichs Begriff der „lebensentfaltenden Bildung“ berücksichtigt werden: „Lebensentfaltung“ beschreibt die aktive Gestaltung und Erweiterung der persönlichen Handlungsmöglichkeit, nimmt Bezug zum aktiven Handeln und der Selbstreflexion des Individuums, bildet eine Abgrenzung zum Verständnis von „lebenslang“ als Lernzumutung und fokussiert einen über verschiedene biografische Lebensphasen überspannenden Bildungsprozess (vgl. Lerch & Weitzel, 2024).

In dem Workshop wollen wir daher die Relevanz lebensentfaltender Bildung für Beratung diskutieren, Bezug zur Beratungspraxis nehmen und mögliche Szenarien und Handlungsempfehlungen auf gesellschaftlicher und politischer Ebene skizzieren.

Literatur

Lerch, S., Weitzel, H. Beratung für lebensentfaltende Bildung. ZfW 47, 47-62 (2024).

Thiel, R. (2023). Bildungsberatung als Anhängsel des lebenslangen Lernens? Herausforderungen an die Akteure – Forderungen an die Politik. Hessische Blätter für Volksbildung, 84, 10-19.

B7: Postersession

Es werden folgende Themen vorgestellt und diskutiert:

Kontakt next. Aufsuchende Informationsarbeit in Sozialen Medien
Laura Kehl, Sabrina Lorenz, Larissa Zier, Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb), Nürnberg

MOODLE-Kurs ,o-guide‘ zur Steigerung der Entscheidungskompetenz von Studieninteressierten und Studienzweifler*innen
Joachim Schwab, Verbundprojekt O-Cloud TU Berlin
Theresa Gomez, Verbundprojekt O-Cloud HTW Berlin

Integration digitaler Tools in die Beratungspraxis: Coachingspace-Tools in simulierten Beratungsszenarien
Benjamin Lambeck, Coachingspace GmBH Remscheid

Informierte Intelligenz – Mit dem BerufeBot und generativer KI durch die Welt der Berufe
Wendy Hartmann, Maximilian Kalb, Zentrale der Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg

16:10 Uhr Pause im Foyer mit Kaffee/Tee, Obst, Kuchen und Kaltgetränken

17:00 Uhr Verleihung des Josephine-Levy-Rathenau-Preises
Laudatio der Jury, Vortrag des Preisträgers / der Preisträgerin
anschließend Sektempfang

ab 18:30 Uhr Geselliger Abend mit Buffet und musikalischer Begleitung

Freitag, 29.11.2024

09:00 Uhr Workshop-Phase C

Download Kurzprogramm/Workshopübersicht

C1: Online-Interaktion professionalisieren. Tools und Methoden in der digitalen Beratung

Dr. Ulrike Weymann, Dr. Gülsüm Günay, Mark Reinhard, Zentrum für Wissenschaftliche Weiterbildung, Universität Mainz

Der Workshop bietet praxisorientierte Einblicke in die Umsetzung von lösungs- und klientenzentrierten Methoden in der Online-Beratung. Wir zeigen, wie diese Methoden mithilfe passender digitaler Tools effektiv umgesetzt werden können, um eine gelingende Interaktion mit den Klienten zu ermöglichen.
Wir demonstrieren, wie Methodenansätze und Techniken der Präsenzberatung nahtlos unter Einsatz passender Tools in die Online-Beratung integriert werden können. Diese haben wir in einem Pilotprojekt zur Grundqualifizierung von Beratenden im Hinblick auf aktuelle Megatrends bereits erproben können. Besonderes Augenmerk legen wir auf Methoden zur Ermittlung von Werten und Prioritäten, die die Motivation und Entscheidungsfindung der Klient*innen unterstützen.
Nach der praktischen Erprobung von Methoden diskutieren wir die medialen Unterschiede zwischen Face-to-Face- und Online-Beratung. Dabei reflektieren wir die Herausforderungen und Chancen digitaler Beratung, um eine offene beraterische Haltung gegenüber der Online-Beratung zu ermöglichen. Ein weiteres Lernziel ist die Verfeinerung von Kommunikationstechniken, um die unterschiedlichen Kommunikationskanäle in der digitalen Beratung möglichst effektiv nutzen zu können.
Unser Ziel ist es, mit diesem Workshop praxisnahe Einblicke in die Methoden und ihre Umsetzung in der Online-Beratung zu bieten und die Teilnehmenden dabei zu unterstützen, ihre Beratungspraxis erfolgreich in den digitalen Raum zu führen.

Wir bitten die Teilnehmenden im Workshop, ihre eigenen Laptops und Kopfhörer bereit zu halten.

C2: Hybride Beratungssettings gestalten

Prof. Dr. Dennis Mocigemba, Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, Mannheim

Welche Hybridisierungstendenzen erleben Berater*innen in ihrer täglichen Beratungspraxis? Wie gestalten Sie neue (mediatisierte) Beratungssettings und welche Kompetenzen und welche Freiräume benötigen Sie dazu? Der Workshop richtet sich an alle, die Lust haben, ihre Beratungspraxis mal ganz neu und anders zu denken.

Zunächst wird in einem Impulsvortrag „Hybridisierung der Beratung“ in Anlehnung an Eyal und Gil (2022) als ein kontinuierliches „blurring the boudaries“, ein mehrdimensionales Verwischen klassischer Grenzen des Beratungssettings verstanden: neue (analoge und virtuelle) Beratungsräume, neue Zeitlichkeiten der Beratung, Beratung in neuen sozialen Konstellationen und neuen institutionellen Kooperationen. Auf Basis einer Studie unter Bayerischen Berufsberater*innen (Mocigemba & Unterreiner 2024) wird nachgezeichnet, wie Berater:innen solche Hybridisierungstendenzen seit der Covid-19-Pandemie erlebt haben, welche sie für die Zukunft erwarten und wie sie diese bewerten. Die Gestaltung und kommunikative Rahmung des Beratungssettings wird mit Camenzind et al. (2023) als Kernkompetenz im Blended Counseling verstanden.

In Kleingruppen entwickeln die Workshop-Teilnehmer*innen konkrete Ideen zur Gestaltung ihrer Beratungen in neuen (analogen und virtuellen) Räumlichkeiten, mit neuen Zeitlichkeiten, in neuen sozialen Settings und Netzwerken. Sie diskutieren notwendige individuelle und institutionelle Voraussetzungen sowie konkrete Realisierungsmöglichkeiten.

Quellen:

Camenzind, G., Hörmann, M., & Silfverberg, M. (2023). Medienkompetenz Blended Counseling. Ein Modell. dgvt-Verlag.

Eyal, L., & Gil, E. (2022). Hybrid learning spaces—a three-fold evolving perspective. In E. Gil, Y. Mor, Y. Dimmitridiadis & C. Köppe (Hrsg.), Hybrid learning spaces. (S. 11–24). Cham: Springer.

Mocigemba, D., & Unterreiner, L. (2024). Hybridisierungstendenzen in Settings der Berufs-und Laufbahnberatung. Zeitschrift für Weiterbildungsforschung, 1-21.

C3: KI Leuchtturm Kompetenz-Kompass – Kompetenznachfrage durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz besser verstehen  

Maximilian Kalb, Wendy Hartmann, Zentrale der Bundesagentur für Arbeit Nürnberg

Grundlegende strukturelle Veränderungen wie die Dekarbonisierung und die Digitalisierung wirken nachhaltig auf den Arbeitsmarkt, Berufsbilder werden im Zuge dieser Entwicklungen immer dynamischer und die kompetenzorientierte Vermittlung gewinnt zunehmend an Bedeutung. Gleichzeitig wir es für Beratungs- und Vermittlungsfachkräfte zunehmend schwierig, die Entwicklung der (regionalen) Kompetenznachfrage im Blick zu behalten. Ein möglichst genaues Verständnis der realen Kompetenznachfrage entscheidet dabei jedoch oftmals über die Nachhaltigkeit von Qualifizierungsentscheidungen und Integrationsperspektiven.

Mit dem Kompetenz-Kompass sollen unter Einsatz verschiedener KI- und Machine-Learning-Methoden Kompetenzbegriffe aus Stellenanzeigen extrahiert und die Erkenntnisse für die Beratungs- und Vermittlungsarbeit, sowie für die Weitentwicklung der berufskundlichen Informationssysteme der BA nutzbar gemacht werden.

Der Kompetenz-Kompass ist ein KI-Leuchtturmprojekt des BMAS, in dem die Umsetzung der selbstverpflichtenden Leitlinien für den KI-Einsatz in der behördlichen Praxis der Arbeits- und Sozialverwaltung erprobt werden.

Im Rahmen eines Workshops wird die Einführung und Nutzung Künstlicher Intelligenz in der Bundesagentur für Arbeit am Beispiel des Projektes „KI-Leuchtturm Kompetenz-Kompass“ betrachtet. Ziel ist die fachliche und diskursive Befassung mit den Chancen und Risiken der KI für die Beratung und Vermittlung am Beispiel des Kompetenz-Kompass.  

C4: Digitale Kompetenzen in der Beratung von weiblichen Führungskräften

Anne Reuter, Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, Mannheim

Während der Anteil der weiblichen Führungskräfte gering bleibt (Kohaut & Möller, 2022), entwickelt sich das Verständnis einer Führungskraft ständig weiter. Die Digitalisierung vernetzt die Arbeitswelt und stellt neue Anforderungen an die Bewältigung alltäglicher Aufgaben (Hasenbein, 2020; Petry, 2019; Rüttgers & Hochgürtel, 2019). Durch diesen digitalen Wandel verändern sich auch die Anforderungen, die eine Führungskraft für erfolgreiches Führen in einer digitalen Umgebung benötigt. Digitale Führungskompetenz geht dabei über die Kompetenz des Führens hinaus und meint die Kompetenz digital und im Kontext der Digitalisierung zu führen (Rybnikova & Lang, 2021). Zu den wichtigsten digitalen Führungskompetenzen gehören u. a. Veränderungsorientierung, Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit und Lebenslanges Lernen. Besonders hervorzuheben ist, dass technische Kompetenzen (bspw. die Bedingung von Kommunikationssoftware) zwar wichtige Kompetenzen des digitalen Zeitalters sind, jedoch für digitales Führen als Grundkompetenz vorausgesetzt werden (Gilli et al., 2023; Henderikx & Stoffers, 2023; Imbery et al., 2022; Philip et al., 2023; Vuorikari et al., 2022; Weber et al., 2022). Weil sich dieses neue Führungsverständnis – mit Fokus auf zwischenmenschliche und kommunikative Führungskompetenzen – von der traditionellen, oft männlich geprägten Vorstellung einer Führungspersönlichkeit loslöst, sehen einige Autor*innen darin eine Chance für eine Feminisierung der Führung (Burel et al., 2020; Gierke, 2020; Reimer & Onaran, 2020).

Das Erasmus+ Projekt DIGIGEN beschäftigt sich aus beraterischer Perspektive mit den Auswirkungen der digitalen Führungskonzepte auf die Karrierechancen von weiblichen Führungskräften. Unter dem Titel „Professional career guidance for women in management positions in the field of digital competence“ entstand im Zeitraum 2021 bis 2024 ein Weiterbildungsprogramm für Beratungsfachkräfte, welches die Entwicklungen der digitalen Führung und digitalen Arbeitsumgebung mit wissenschaftlichen Beratungsansätzen verbindet. Das übergeordnete Ziel des Weiterbildungsprogramms ist es, Beratungsfachkräfte in die Lage zu versetzen, ihren Beratungsansatz für Frauen in digitalen Führungspositionen unter Einbeziehung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse zu gestalten. Im Mittelpunkt steht die kritische Auseinandersetzung mit Möglichkeiten und Herausforderungen einer digitalen Arbeitswelt für weibliche Führungskräfte.

Der Workshop fokussiert u. a. folgende Schwerpunkte der Tagung: Welche Kompetenzen benötigen Frauen in einer digitalen Arbeitswelt, insbesondere in Führungspositionen? Und welche Kompetenzen brauchen Beratende, um diese Zielgruppe im Rahmen der beruflichen Beratung zu unterstützen? Vor diesem Hintergrund sollen während des Workshops die Entwicklungen und deren Bedeutung für die Arbeit von Berater*innen entlang der folgenden Fragen erörtert werden:

  • Wie sehen Berufsberater*innen diese Zielgruppe im Kontext der Digitalisierung?
  • Wie gut sind (weibliche) Führungskräfte auf die digitale Führung vorbereitet?
  • Welche (individuellen) Beratungsangebote existieren für diese Zielgruppe?
  • Welche Chancen bietet digitale Veränderungen für die Geschlechterparität auf dem Arbeitsmarkt?

Quellen

Burel, S., Saur, F., & Tsehaye, W. (2020). Quick Guide Female Leadership: Frauen in Führungspositionen in der Arbeitswelt 4.0. Springer Gabler. https://doi.org/10.1007/978-3-662-61303-0 .

Gilli, K., Lettner, N., & Guettel, W. H. (2023). The future of leadership: new digital skills or old analog virtues? Journal of Business Strategy, Jhg. vor Druck (Nr. vor Druck). https://doi.org/10.1108/JBS-06-2022-0093 .

Hasenbein, M. (2020). Der Mensch im Fokus der digitalen Arbeitswelt: Wirtschaftspsychologische Perspektiven und Anwendungsfelder. Springer.

Henderikx, M., & Stoffers, J. (2023). Digital transformation and middle managers‘ leadership skills and behavior: a group concept mapping approach. Frontiers in Psychology, 14 (1147002). https://doi.org/10.3389/FPSYG.2023.1147002 .

Imbery, S., Rowbotham, M., Lindemann, M., Gruninger-Hermann, C., & Schirmer, U. (2022). Digital-Leadership-Kompetenzkatalog: Mit den richtigen Kompetenzen die digitale Transformation gestalten. Zeitschrift Führung + Organisation (2), 98–104.

Kohaut, S., & Möller, I. (2022). Führungspositionen in Betrieben und Verwaltungen: Der Weg nach ganz oben bleibt Frauen oft versperrt (IAB-Kurzbericht 1/2022).

Petry, T. (2019). Digital Leadership: Erfolgreiches Führen in Zeiten der Digital Economy (2. Aufl.). Haufe.

Philip, J., Gilli, K., & Knappstein, M. (2023). Identifying key leadership competencies for digital transformation: Evidence from a cross-sectoral Delphi study of global managers. Leadership & Organization Development Journal, 44 (3), 392–406. https://doi.org/10.1108/LODJ-02-2022-0063 .

Reimer, T., & Onaran, T. (2020). Die Feminisierung des Managements. Changement! 2, 19–21.

Rüttgers, C., & Hochgürtel, K. (2019). Digitalisierung der Arbeit und des HR-Managements – Eine empirische Analyse der Einstellungen von Beschäftigten. In B. Hermeier, T. Heupel, & S. Fichtner-Rosada (Hgs.), Arbeitswelten der Zukunft: Wie die Digitalisierung unsere Arbeitsplätze und Arbeitsweise verändert (S. 223–247). Springer Gabler.

Rybnikova, I./Lang, R. (2021), Aktuelle Führungstheorien und -konzepte, 2. Aufl., Wies-baden, Heidelberg: Springer Gabler.

Vuorikari, R., Kluzer, S., & Punie, Y. (2022). DigComp 2.2: The Digital Competence Frame-work for Citizens (EUR 31006 EN). Publications Office of the European Union. https://doi.org/10.2760/490274 .

Weber, E., Krehl, E.‑H., & Büttgen, M [M.] (2022). The Digital Transformation Leadership Framework: Conceptual and Empirical Insights into Leadership Roles in Technology-Driven Business Environments. Journal of Leadership Studies, 16 (1), 6–22.
https://doi.org/10.1002/JLS.21810 .

C5: „Gute“ Beratung mit digitalen Medien?! Impulse für einen Perspektivwechsel

Prof.in Dr. Martina Hörmann, Christina Pollmann, Dt. Gesellschaft für Beratung (DGfB)- AG Digitalisierung und Beratung

Niedrigschwelligkeit in der digitalen Beratung ist ein vielfach formulierter Anspruch. Wie kann es gelingen, Beratungsprozesse entsprechend zu initiieren und die Schwelle für potenzielle Klient*innen, Kund*innen und Coachees zu senken? Welche Informationen benötigen Ratsuchende, um sich im Dschungel des World Wide Web orientieren zu können und dabei seriöse Beratungsangebote von weniger seriösen unterscheiden zu können?
Die AG Digitalisierung und Beratung der DGfB hat sich umfassend mit der Perspektive der Ratsuchenden auseinandergesetzt, mit dem Ziel bei der Suche nach dem individuell passenden Beratungsangebot im digitalen Raum Sicherheit und Orientierung zu bieten. Mit 14 Fragen und Antworten wird konkretisiert, worauf Ratsuchende achten sollten, um eine seriöse Beratung im digitalen Setting zu erhalten.
Der Workshop lädt ein, diesen Perspektivwechsel mitzudenken und den Blickwinkel des/der Ratsuchenden auszuprobieren. Ergänzt wird dies durch einen Blick auf die eigene Beratungspraxis: wo könnte der Perspektivwechsel auch genutzt werden, um das eigene digitale Beratungsangebot niedrigschwellig zu gestalten. Über den Input, die Selbstreflexion, den angeleiteten Perspektivwechsel und die gemeinsame Diskussion soll der Workshop dazu beitragen, qualitativ hochwertige Beratung zu identifizieren, die Chancen der Digitalisierung im eigenen Beratungskontext zu erfassen und „durch die Brille der Kund*innen betrachtet“ die eigenen Bedarfe und Bedürfnisse bei der Fülle der Angebote nicht aus den Augen zu verlieren.

C6: Wenn der Chatbot weiß, wo es lang geht – Ethische Fragen und Kriterien zum Einsatz von KI-gestützten Beratungssettings

Prof.in Dr. Kira Nierobisch, Katholische Hochschule Mainz, Fachbereich Soziale Arbeit und Sozialwissenschaften
Prof.in Dr. Kristina Kieslinger, Romano-Guardini-Professur für Ethik an der Katholischen Hochschule Mainz

Die aktuellen Diskussionen im Bildungssektor um ChatGPT verweisen auf die zunehmende Relevanz von generativer KI im Bereich der (Bildungs-)Beratung. Die digital unterstützten Angebote im Kontext der Beratung sind vielfältig und gerade KI-gesteuerte Formate wie Chatbots, Apps oder Virtual Reality bieten scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten und Erweiterungen professionellen Handelns – seien es Szenarien des Blended Counseling oder auch als alleinige Angebote im heterogenen Feld der Onlineberatung. Obwohl avatargestützte Informationsberatungen bereits Realität sind und die Einsatzmöglichkeiten der KI-gestützten Techniken rege diskutiert werden, bleiben viele ethische Fragen unerwähnt. Deswegen werden wir, nach einer Klärung des Sachstandes die ethischen Fragen des Einsatzes von KI-gestützten Tools in (Bildungs-)Beratungssettings thematisieren. Dafür wird auf ein pädagogisch verstandenes Beratungsverständnis zurückgegriffen, das auf Dimensionen von Reflexivität und Lernen verweist. Dieses wird mit dem Ansatz einer normativen Ethik aufgenommen, welche auf verbindliche Grundlagen der Profession verweist. Über individualethische Überlegungen zur Freiverantwortlichkeit und selbstbestimmten Lebensgestaltung der Ratsuchenden sollen dann über die strukturelle Frage nach den Rahmenbedingungen der (Bildungs-)Beratung verschiedene Rahmendimensionen von Beratung diskutiert werden. Dazu werden mögliche Kriterien zum Einsatz von KI-gestützten Beratungssettings präsentiert und mit den Teilnehmenden diskutiert. Ziel des Workshops ist es, nicht nur gemeinsam weiterführende Fragen zum KI Einsatz in Beratungssettings zu entwickeln, sondern diese einer reflektierten Auseinandersetzung zu unterwerfen.

C7: Projekt CGC-DigiTrans – Kompetenzanforderungen für Berater*innen im Kontext der Digitalisierung        

Prof. Dr. Peter Weber, Jenny Schulz, Hochschule der Bundesagentur für Arbeit, Mannheim

Die Arbeitswelt entwickelt sich schnell und in oft disruptiver Weise, angetrieben durch Digitalisierung, neue Wertschöpfungsketten, sich auflösende Organisationsgrenzen, die Bedeutung von Netzwerkorganisationen und globale Herausforderungen wie die demografische Entwicklung und den Klimawandel. Verschiedene Gruppen von Erwachsenen sind davon auf unterschiedliche Weise betroffen. Die Förderung beruflicher Entwicklung sowie Weiterbildung im Arbeitskontext können eine relevante Antwort sein (Martínez-Bravo 2021).

Jedoch ist Zugang zu Beratung für verschiedene Gruppen nicht gleich. Es wird argumentiert, dass Berufsberatung und -unterstützung ein hilfreicher Weg für diejenigen Erwerbstätigen sein können, die vom digitalen Wandel abgehängt sind. Deren Zugang zur Beratung und eine Vernetzung der Akteure auf operativer Ebene sind Wege, um Weiterbildung zu digitalen Themen zu fördern und Veränderungen in der Berufs- und Arbeitswelt individuell zu bewältigen.

Dazu bedarf jedoch einer besseren Zusammenarbeit zwischen Berufsberater:innen, der Arbeitswelt sowie von Bildungsanbietern. Dazu müssten sie eine gemeinsame Sprache entwickeln und enger zusammenarbeiten. Die Vernetzung muss durch die Berater:innen selbst initiert und genutzt werden (CGC-DigiTrans 2024).

In der Praxis wird dies vielerorts umgesetzt, aber bei weitem nicht im gesamten Arbeitsfeld der Beratung.

Im Beitrag werden die bisherigen Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Projektes CGC-DigiTrans (https://digitransformation.net/) vorgestellt und diskutiert. Insbesondere gehen wir auf das erarbeitete Modell „digitaler Kompetenen“ (Weber und Schulz 2023) und die Methode „Roundabout für die Multiakteursberatung“ ein. Das entwickelte Handbuch enthält viele methodische Anregungen, die direkt in der Beratungspraxis genutzt werden können.

Quellen:

Martínez-Bravo, M.C.; Sádaba Chalezquer, C.; Serrano-Puche, J. (2021). Meta-framework of digital literacy: comparative analysis of 21st-century skills frameworks. Revista Latina de Comunicación Social, 79, 76-110.

CGC-DigiTrans (2024). Handbook: CGC Roundabouts for Digital Transformation. CGC Project. https://digitransformation.net/wp-content/uploads/2024/02/WP2-A3_Handbook_DigiTrans.pdf [2024-06-10].

CGC-DigiTrans (2024-06-10). CGC-DigiTrans webpage. https://digitransformation.net/

Weber P. & Schulz J. (2023). CGC-DigiTrans Report. CGC – roundabouts for Digital Transformation. Professional Guidance & Counselling (CGC) in Multi-Actor-Networks. CGC Project. https://digitransformation.net/report/ [2024-06-10].

C8: „Professionelle Heimat für Beratung in Zeiten virtueller Kommunikation“ – Ein Workshop zur Entwicklung der Verbandsarbeit       

Karl-Heinz P. Kohn, Birgit Lohmann, Hannah Passon, ehrenamtlich engagierte Mitglieder des Deutschen Verbands für Bildungs- und Berufsberatung (dvb)

Die Digitalisierung bringt Effekte in tendenziell allen Bereichen des Lebens und Arbeitens – so auch in der Welt der Beratung für Bildung und Beruf und in der Verbandsarbeit für die Sicherung der Professi-onalität dieser Beratung. Digital organisiert werden nicht nur die Beschaffung entscheidungsrelevanter Informationen und die Testung von Eignung und Neigung. Auch die zentrale Sphäre der Beratung – die Kommunikation zwischen Ratsuchenden und Beratenden, aber auch zwischen den Fachleuten der Be-ratung – wird zunehmend digitalisiert und dadurch häufig auch virtualisiert.
Der Workshop „Professionelle Heimat für Beratung in Zeiten virtueller Kommunikation“ soll dazu die-nen, eine Bestandsaufnahme der schon manifestierten und absehbaren Veränderungen zu skizzieren sowie Methoden und Verfahren zu diskutieren, wie im Laufe dieser Veränderungen die Qualität der Beratungsarbeit und die Verbandsarbeit für professionelle Beratung zu Bildung und Beruf gesichert und kreativ erweitert werden können.

Der Workshop soll vor allem einen Raum zum offenen Ideen-Austausch der Teilnehmerinnen und Teil-nehmer bieten. Aus einer Moderationsgruppe sollen kurze Inputs gegeben und dann vor allem die Bei-träge der Teilnehmerinnen und Teilnehmer angeregt, strukturiert gesammelt und gesichert werden. Teilthemen sollen dabei unter anderen sein:

  • Veränderungen in der Beratungsmethodik
  • Sicherung der ganzheitlichen Kommunikation zwischen Beratenden und ihren Ratsuchenden sowie der Beratungsfachwelt untereinander
  • Sicherung der „professionellen Heimat“ für Beratende und Unterstützerinnen und Unterstüt-zer der professionellen Beratung, insbesondere im Rahmen der Verbandsarbeit
  • Organisation einer professionellen Kultur der beraterischen lebensbegleitenden Weiterbildung
  • Arbeit für die fachwissenschaftliche Fundierung der Beratung zu Bildung und Beruf
  • Politische Interessenvertretung und Lobbyarbeit für die Sicherung professioneller Beratung zu Bildung und Beruf

10:40 Uhr Pause im Foyer mit Snacks, Kaffee/Tee und Kaltgetränken

11:15 Uhr Keynote II
Prof. Dr. Volker Walpuski
Supervision und Coaching, Evangelische Hochschule Freiburg

Digitalisierungsprozesse in der berufs- und bildungsbezogenen Beratung. Kritisch-ambivalente Reflexionen und Perspektiven.

Der Traum ist in etwa so alt wie die Computer: Eine Maschine könnte die Beratung durchführen, und der beratene Mensch bemerkt es nicht und wird zugleich objektiv beraten. Aktuell schreiten die Entwicklungen dahin sehr schnell voran. Beratung wird sich Automationsprozessen nicht entziehen können, die durch die sogenannte Künstliche Intelligenz auch komplexe Felder erreichen. Produktbezogene Chatbots sind allseits bekannte Vorboten. Automation hat viele Vorteile wie ständige Verfügbarkeit, geringe Kosten, eine größere Varianz – wenn sie denn gut programmiert ist. Aber Programmierungsfehler und diverse bias, die mit Technikeinsatz untrennbar verbunden sind, können die Vorteile konterkarieren. Und die Technologien sind bei weitem nicht so niedrigschwellig, wie häufig behauptet wird – die Hürden sind nur andere. Während es noch relativ einfach ist, Fachinformationen zu vermitteln, ist eine Prozessberatung schon schwieriger zu digitalisieren, insbesondere mit steigender Komplexität des Beratungsanliegens. Fragetechniken, die die/den Ratsuchende*n letztlich auf sich selbst zurückwerfen, drohen, diesen in Sackgassen der Selbstoptimierung oder Überforderung zu führen.

Die Digitalisierung ist also ambivalenter zu betrachten, als Ingenieurslogiken einer technischen Machbarkeit es nahe legen. Im Gegenzug ist auch nicht jede zwischenmenschliche Interaktion per se als gelungen zu bezeichnen. Es gilt also, Digitalisierungsprozesse in der berufs- und bildungsbezogenen Beratung differenziert in den Blick zu nehmen und kritisch zu begleiten.

12:15 Uhr Verabschiedung

12:30 Uhr Möglichkeit zum Mittagessen

13:30 – 16:30 Uhr Mitgliederversammlung des dvb

alternativ für Nicht-Mitglieder: Stadtführung

Abends: Abschied und Begrüßung von Vorständen
Gäste willkommen!